
In der Kreditversicherung hat der Versicherungsnehmer für die einzelnen zu versichernden Debitoren Kreditlimite zu beantragen. Der Versicherer entscheidet nach Bonitätsprüfung, inwieweit er dem Antrag folgt. Das durch den Versicherer genehmigte Kreditlimit kann während der Laufzeit der Versicherungspolice jederzeit reduziert oder ganz aufgehoben werden. Bestehende Forderungen sind von solchen Limitänderungen nicht betroffen. Sie gelten nur für Forderungen, die nach der Limitänderung entstehen. Trotzdem sind die Auswirkungen in der Regel gravierend. Der betreffende Kunde kann oft nur noch auf eigenes Risiko weiter beliefert werden. Besonders problematisch ist sind Limitstreichungen, wenn in Vorleistungen investiert wurde, die über den Umsatz eines nachfolgenden Zeitraums amortisiert werden sollen. Man denke an kundenspezifische Produktentwicklungen. Wenn Sie als Versicherungsnehmer das Risiko nicht tragen können oder wollen, bleibt nur die Umstellung auf Barzahlung oder der Lieferstopp.
Bei substantieller Bonitätsverschlechterung, die eine bevorstehende Insolvenz befürchten lässt, ist der Entscheid des Versicherers nicht nur nachvollziehbar, sondern ein willkommenes Warnsignal, das dazu beiträgt, Schäden zu verhüten. Immerhin hat der Versicherungsnehmer im Schadenfall den Selbstbehalt zu tragen. In der Praxis sind die Fälle aber oft nicht so eindeutig. Limitreduktionen können die Folge einer veränderten Risikopolitik des Versicherers sein, die nicht zwingend nur mit dem konkreten Kunden zu tun hat. Die Versicherungskapazitäten sind im Kreditversicherungsmarkt zwar seit Jahren ausreichend. Engpässe gibt es so gut wie nicht. Aber die Versicherer sind sehr darum bemüht, die ebenfalls seit Jahren sehr geringe Schadenquote auf tiefem Niveau zu halten, nicht zuletzt unter dem Erwartungsdruck der Aktionäre. Der Risikoappetit der Versicherer ist – gerade im Bereich höherer Ausfallwahrscheinlichkeiten – in aller Regel viel geringer als es sich die Versicherungsnehmer wünschen würden.
Der Markt bietet für dieses Problem seit langem eine spezielle Deckung für Lieferverpflichtungen («binding orders»), die gegen Prämienaufschlag erhältlich ist. Die Klausel garantiert dem Versicherungsnehmer bei schriftlich dokumentierten Lieferverpflichtungen, von denen der Versicherungsnehmer nicht zurücktreten kann, einen Fortbestand des bisherigen Limits für einen begrenzten Zeitraum von meist drei Monaten. Solche Vereinbarungen mit Kunden sind jedoch selten, so dass die Klausel oft nicht greift. In den letzten Jahren findet sich in den Kreditversicherungspolicen immer häufig eine Regelung, gemäss welcher Limitreduktionen generell mit einer Verzögerung von 30 Tagen wirken. Das gibt dem Versicherungsnehmer wenigstens Zeit, auf die veränderte Situation zu reagieren.
Sicherheit über einen längeren Zeitraum geben Kreditlimite, die nicht durch den Versicherer kündbar sind. Die meisten Versicherer sind sehr zurückhaltend gegenüber unkündbaren Limiten oder versehen sie mit deutlich höheren Prämiensätzen. Aber sie sind grundsätzlich erhältlich, und es gibt Anbieter, die in diesem Bereich eine Marktlücke erkannt haben. In aller Regel sind allerdings die Bonitätsanforderungen bei der Erstprüfung hoch.
Einen Mittelweg stellt die Vereinbarung von sogenannten «Triggern» dar, bei deren Eintreten ein Limit gekürzt oder gestrichen werden kann. Die Trigger müssen objektiv für Versicherer und Versicherungsnehmer feststellbar sein. Meist werden Ratings herangezogen und bestimmte Rating-Verschlechterungen als Trigger definiert. Eine Alternative sind Bilanzkennzahlen. Allerdings sind solche geeigneten Trigger nur für wenige Unternehmen verfügbar.